Thursday, May 20, 1999

Umbau 1999, Teile 5 bis 9

[20.5.99]
Was Dein Loch in der Tumhallendecke betrifft, würde vielleicht ein dezenter Hinweis ans Oberwiler Lokalblättchen für Abhilfe sorgen.
Oder ein ebensolcher nach Liestal oder an die Aufsichtsbehörde des Bundes (leider inexistent im Schulwesen, es sei denn, Du behauptest, die Turnhalle diene als Flüchtlingsunterkunft) oder lasst uns auf einen gröberen Unfall hoffen, den die Tochter des lokalen Obervereinsmeiers trifft, der hauptberuflich Rechtsanwalt ist und dann die Gemeinde auf eine saftige Summe Staatshaftung verklagen kann.
Aber eigentlich: Warum streicht man den Turnunterricht nicht einfach? Wenn schon Alibiübung, dann wenigstens richtig: Esoterik und Yoga kann man auch im Schulzimmer betreiben. Ausserdem hätte man dann endlich mehr Platz für Asylbewerber. Und Du könntest zu Hause bleiben und die Scheichen hochlegen. Oder beim Kellerauspumpen helfen am Bläsiring. Archäologischer Grabungsschnitt auf der Suche nach Berts Haschischvorräten. Dort herrscht absoluter Personalmangel. Und endlich würdest Du auch ausserhalb Deiner Freizeit mal was Sinnvolles tun.
Weisst Du übrigens schon das allerneuste: Unser Etagendumbo hat Liebeskummer, ergo Schweinelaune. Der Rest der Belegschaft guckt sich vollidiotische amerikanische Spielfilme an und hält sie für Satiren. Die Russen und die Schwoben jassen und prügeln sich wegen Spielregel-Unklarheiten. Ausserdem regnet es hier ununterbrochen. Ich bin hintendrein mit meinem Lern-Plan. Herkules hockt in einem Berg von Bambus-Parkett-Mustern und weiss sich nicht zu entscheiden. Das Geld wird nicht reichen für eine Küche, deshalb leihe ich von Bruderherz sein Camping-Rechaud aus. Jetzt fehlt uns noch eine Spüle und ein Kühlschrank, die Brockenhäuser sind in dieser Richtung eher spärlich eingerichtet.

In diesem Sinn, Resolotta

[27.5.99]
Was meine Nerven anbelangt, so droht, glaube ich Ungemach. Heute haben Herkules und ich herausgefunden, dass wir beide seit längerem Halsweh haben - wir sind also am Limit und der Juni verspricht keine Besserung. Wir sind sogar zu kaputt, um zu streiten: Entsprechend haben wir uns nun innert zwei Tagen sowohl auf eine Küche als auch auf die Badezimmerplättli geeinigt, wenn das kein Zeichen von psychischem Notstand ist. Nun also noch Parkett in den OGs und Fliesen im EG. Und dann noch zügeln, längmersgwehr.
Heute befasse ich mich passenderweise mit Ehescheidungsrecht. Auch dort liegen die Nerven blank, und zeigt sich der kollektive Intelligenzmangel exemplarisch.
In diesem Sinn, R.


[1.6.99]
So wie ich die Lage noch überhaupt nicht einschätzen kann, ist erst eines sicher: am Sonntag, den 27. Juni müssen wir raus sein aus der Breisi, inklusive schrubb-schrubb. Die Frage ist dann allerdings, wohin wir eigentlich zügeln. Also das Bett und das Rasierzeug, inklusive ein paar Klamotten zu Paperich, nehme ich mal an. Den Rest ins Parterre, auf die Veranda und in den Schopf der Burg, weil der erste und zweite Stock wohl noch des Bodenbelags entbehren werden, da importiert aus NL - exklusive Mehrwertsteuer NL 19,8%, inklusive MWSt CH 7,5% plus ca. 101% Rabatt, den Chefunterhändler J. Aarden jeweils auch aus den stursten Verkäufern rausschränzt, got the picture? Auf diese Weise wir kürzlich in Fronkraisch une Cuisine erstanden, isch misch schon fast geschämt für den Mann.
In diesem Sinn, R.

[9.6.99]
Bauhandwerkerpfandrechte ist nicht, da Schwarzarbeiter sich in dieser Richtung hüten. Zahlungsverzug zieht in diesem Bereich wohl eher Rechtsfolgen im Stile von In-Betonsockel-Einmauern nach sich.
Moment mal, ich habe mich im Land geirrt:
"Isch wie Nato, da Kerel. Immer wenn i grad gfliggt ha. Wenn Du näggschtmol gsesch, sag, är FRÄSE nit spitze, FRÄSE!!!!!!!"
Er redet vom Elektriker, der mit Vorliebe seine Leitungen in frisch gegipste Wände verlegt, Stichwort unterputz. Dieser Elektriker, und wir müssen uns das regelmässig anhören, ist der einzige, regulär und offiziell bezahlte Handwerker auf der Baustelle. Logo, hier kontrolliert der Staat, hier und bei der Heizung. (Nur bei Heizung: "mir kenne Trigg!") Er ist ein Kollege aus Herkuless Apple-Zeiten und ausserdem ein Kuhschweizer. Er arbeitet zwar etwa ebenso effizient wie die Mazedonier (zum Glück, was müssten wir uns sonst noch alles anhören), hat aber jetzt zweimal den Lehrling geschickt und der schlägt tatsächlich Gräben, bei deren Anblick man leer schluckt.
In diesem Sinn, Resolotta


[10.6.99]
Hiermit also mit einiger Verspätung vom Bebbi-Segg-Vollstopfen ins weniger hemdsärmelige Büro-Bern zurückgekehrt.
Auf der Baustelle haben sie inzwischen tapeziert. Ganz weiss sind sie nun, die Wände, aaah - Wie werde ich das dunkelbraun überhaupt nicht vermissen!
Ein allfälliges Friedensabkommen mit dem Nato-Elektriker-Lehrling ist zur Zeit wieder ungewiss, nachdem Resolotta dummerweise im Erdgeschoss nun die eine Steckdose nun doch dort (und nit dort) will. Die entsprechenden Verhandlungen finden hinter verschlossenen Türen statt und die Reporterin von CNN hat mich schamlos vom Zelteingang abgedrängt. Oder wie soll ich sonst den Umstand erklären, dass die Muldenfirma nach 27 umgänglich geplatzierten Mulden die 28ste so hinstellt, dass ich eine Leiter brauche, um ins Haus zu kommen?- Aha. Geburtstagsüberraschung. Sechs Blumensträusse, ebensoviele Bücklinge und ein Heppi-Börsdei auf Mazedonisch (gemischtes Orchester mit vier Tenören) und eines auf Italienisch (a capella, Bass).
Ausserdem hat Massimo damit begonnen, die Treppen von siebenhundert Lagen Anstrich zu befreien.
"Mache nie meh, ich schwöre bi Madonna Santa, isch gopferdori e Schissdregg, du kasch sage im Neda."
Immerhin: Statt des Dunkelbrauns der letzten Schicht, hätten wir es auch bei hell-flieder-weiss-der-Geier-lila belassen können (Schicht drei) oder das Dunkel-Sandkasten-nach-dem-Schiff-grau-beige von der Schicht fünf?

"Ich nit Arkeoloog, ich Schriiner. Hus z'alt, ich au, für so Schissdregg."

In diesem Sinn, R.

Tuesday, May 11, 1999

Umbau 1999, Teile 1 bis 4

[11.5.99]
In der Tat ist mein charmanter Freund wieder in festen Händen. Schliesslich hat er andere Sorgen: Unser Haus sieht innen aus wie die chinesische Botschaft in Belgrad aussen. Schluchz. Ausserdem legen die Werk-Beauftragten ein dermassen heilloses Tempo vor, dass wir ein wenig im Entscheidungsrückstand sind, keuch. Wollt ihr nun ein Ablagerändli von 15 Zentimetern oder nicht? Wollt ihr warmes Wasser im WC oder nicht? Was für ein Brünneli wollt Ihr im Bad und wie hoch? Jetzt haben wir uns endlich auf eine Badewanne geeinigt, da sagt der Sanitär: email isoliert miserabel, ihr solltet acryl nehmen, aber unser traummodell gibt es nicht in Acryl. also, was findest du? Ich weiss nicht...

In diesem Sinn, R. Schluckaua Quixotta

[12.5.99]
Egregi Signori,
desidero porvi alcune domande:
1. Vendete direttamente a privati?
2. Vendete direttamente dalla fabbrica (a privati)?
3. In caso negativo, dove si trova la vostra filiale posta piü a nord inItalia?
4. Avete eventualmente una rappresentanza in Svizzera?
Ringraziando, porgo distinti saluti. Resolotta Quichotta, Basilea


[19.5.99] - Rhein im Kleinbasel über dem Ufer
Der Rhein hat die ufernahen Strassen in einen Strandweg verwandelt. Man kommt sich vor wie an der Riviera... In der zukünftigen Bleibe (Serengetipfad statt Leuengasse, hurra) sind im übrigen Aktivitäten im Gange, die mittlerweile Gott sei Dank wieder weniger auf Bombenanschlag, dafür mehr auf südamerikanische Favela deuten. Staublunge inklusive. Ausserdem: Wettbewerb nach dem Motto wäreliwär isch schnäller, dr Verputzer oder dr Elektriker? Auf alle Fälle bin ICH immer zu spät mit fotographieren.
Auch Bern schwimmt: Le directeur du Tierpark Dählhölzli a la douleur de faire part du deces eines Meerschweinchens, sniff. Sowohl Schwimmweste als auch Evakuation kamen zu spät. Auch die Mund-zu-Mund-Beatmung der Schweizerischen Rettungsflugwacht fruchtete nichts. Bachab, halt. Zu traurig.
Die Sandsegg-Stapel-Kurse habe ich geschwänzt.

In diesem Sinn, Resolotta

[19.5.99]
Ich sehe, in jedem Chirurgen schlummert ein Metzger. Darf ich hiermit meiner Entrüstung Ausdruck verleihen. Du Meerschweinchen-Schlächter, Du! (Gibt es eigentlich ES auch schon: das transgene Harvard-Meer-Säuli?)
Unterdessen quält uns die Entscheidfindung: Badzimmer-Plättli, Kuchi-Plättli, Bodeplättli... Das Küchenstudio hat uns schon ungefähr vierzig Vorschläge gezeichnet, aber irgendetwas ist immer. Grundsatzdiskussionen erfordern übrigens eine überdurchschnittliche Kondition, mit der es in der Woche vier der Baustelle mittlerweile ziemlich im Argen ist.
Ausserdem schwebt uns Bambus-Parkett vor: Nie gehört, meinte die Verkäuferin des grössten Basler Bodenbeiegers... J und R rechtsumkehrt, um übers Internet irgendwelche Vertreiber von Alternativbaustoffen aufzutreiben und die Zeit läuft und läuft und läuft uns davon, da die Handwerker einen Höllenzahn drauf haben.
Beispiel letzten Samstag: um neun Hausbesichtigung - um zwölf Hausbesichtigung. Inzwischen hatten sie einen Stahlträger montiert/geschweisst und schon wieder verkleidet. Die alte Küchentüre zugemauert, die neue Badezimmermauer aufgestellt und verputzt (der Elektriker hat natürlich gemotzt, weil er jetzt nochmal aufspitzen muss, worauf dann der Maurer wieder motzt usw.) und ausserdem alle Heizungsleitungen und Sanitärleitungen gelegt.
Hä.
Ich sagte: Moment, ich hole rasch zu Hause den Fotoapparat, damit wir nachher noch wissen, wo die Leitungen liegen. In meiner viertelstündigen Abwesenheit hatte Marcodergipser (nicht zu verwechseln mit Marcodemelektriker), der kein Wort dt. versteht, schon alles zugepflastert. Immerhin hoffe ich, auf den Fotos zu erkennen, wo die Leitungen sind: da wo der Gips noch feuchter, ergo dunkler ist.

In diesem Sinn, R.