Wednesday, August 8, 2007

morgenrot des mängelwesens


Es ist bekanntlich alles eine Frage des Temperaments. In gewissen Sprachen ärgert sich der gemeine Anwender in unitalienischer Distanziertheit. "Verontwaardigt" träfe es vermutlich am besten. Allenfalls noch "indignantly". Irgendwo zwischen fassungslos und entrüstet stand nun stubbornita zum dritten Mal innert drei Tagen vor dem Regal eines landesweiten Lebensmittelgrossverteilers und kam zu irritierenden Schlüssen.
la crisi, la crisi!
Das Regal war leer. Auch hier. Das konnte kein Zufall mehr sein. Dass die Quartierinstitutionen mit 500,000 Quadratmetern Ladenflächen und ebensovielen Parkplätzen in ZH-Altstetten und ZH-Oerlikon zu unmotiviertes, temporär-minimalsälärig-ad-interimiges Auf- und Einfüllpersonal eingestellt hätten und die gesamte Magazinerabteilung im August ihre wohlverdienten Sommerferien auf Bali kollektiv antreten würde -- gut möglich, fand sie noch am Samstag. Aber hier, hinter den sieben Bergen, mit zehn Parkplätzen und anderthalb Metern Ladenfläche, vor einem weiteren leeren Regal, stieg hinter den geprellten Rippen regelrecht Panik auf. Schweissausbruch im Kernbereich der do-it-yourself-Müeslimischer.
la crisi, la crisi!
Die stubbornitische Phantasie brannte auf einem (regional)historischen Maulesel durch. Rationierung. Notvorrat. Lebensmittelmärkli. Hungersnot im Berggebiet. Anbauschlacht, Plan Wahlen. Kartoffelfelder im Engadin. Dem konnte nur mit einem rationalen smart move begegnet werden. Next stop: Das Regal mit den Fixfertigmüesli! Nichts wie hin - und tatsächlich: Entwarnung. Hier alles bis auf den letzten Platz besetzt mit haselnuss- und mandelhaltigen, künstlich gesüssten, überhaupt nicht gesüssten, chocoflockigen, dörrfrüchtigen, crispaufgeplusterten für Familien und Champions - und überhaupt.
igitt!
Dann doch lieber die neueste Runde WTO-Subventionierungsrunde abwarten. Oder der toskaninischen Reisetruppe die Flüssignahrung rationieren. Oder dem Waadtland die Bauzonen am Genfersee streichen. Oder Inulin intravenös. Denn wahrlich, wahrlich, fand sie nichtsdestotrotz: Es möcht' kein Hund ohne Rosinen-300-Gramm-Packungen leben, nein.
la crisi, la crisi!
Gröbstenfalls noch Sultaninen. Oder "denn halt" Bio. Stubbornita gibt sich diesbezüglich flexibel. Einigermassen. Auf alle Fälle, so oder so: Ohne baldige Nachfüllung des entscheidenden Regals droht sie, sich unter den Unesco-Welterbe-Zug in spe zu schmeissen, der ihr mit helvetischer Pünktlichkeit geradewegs aufs Bürofenster zurattert. Um im letzten Moment die Kurve zu kriegen und hinter ihrem Rücken den Stationsvorstand anzupfeifen. Als ob der etwas könnte für die Misere.




6 comments:

Anonymous said...

So nicht, Stubbornita
War Ma Rathonas Sprung kopfüber ins Tal etwa schon dem Rosinennotstand geschuldet? Haben wir einfach die Zeichen nicht sehen wollen?!?
Aber so einfach wird das nicht, nein. Nun werden Massnahmen ergriffen. Bevor der nächste Sprung die Rhäthische aus dem Fahrplan kegelt, rolle ich eigenhändig Rosinen den Bernina rauf und wieder runter; einzeln, wenn es sein muss, und beende so La Crisi noch rechtzeitig, geradeso.

Raupenpaparazzo (den Kopf voller Rosinen)

stubbornita said...

"Das ist auch meine Meinung", antwortete Doña Quixotta. "Fahre fort zu sprechen, Freund Sancho, denn du redest heute lauter Rosinen."

stubbornita said...

lexikalische ergänzung:

FLABBERGASTED!!!

fällt also der vergreisten antiheldin das lieblingswort aus frühsemestrigen anglistikzeiten erst jetzt wieder ein - muss ihr das zu denken geben?

ja und nein.

ja: angesichts der offensichtlich grassierenden demenz;

nein: connotation of POSITIVE surprise entirely inappropriate in this context, cf. footnote irgendwas - schliesslich sind wyyybeeri-mängel ein ernst zu nehmendes problem und gar nichts positives, ebenso das nichtauffüllen der betroffenen regale. letzteres ist bei DIESEM händler ohnehin nie eine überraschung.

dixit

stubbornita

Anonymous said...

Womit das Grundsätzliche, liebes Fräulein stubbornita, ja geklärt wäre. Herrn Paparrazzo sei Dank. Zum Wesentlichen, wobei ich es mir gestatte, samt und sonders für die ganze Reisegruppe zu sprechen: Rationalisiert wird nichts. Es ließe sich aber arrangieren, das Freund Guiseppe mit seinem wackligen Eselskarren ein paar Betontanks schwappvoll mit sommerfrischem Riesling hoch zu Ihrem Gipfel schleppt.

Wie stets: entzückt
Ihr Erdge Schoss

stubbornita said...

allerwertester herr schoss

wir verstehen ihre widerstände gegen alle formen des rationalen durchaus.

und: auch riesling in rauhen mengen ist doch immer wieder ein gutes angebot. überall. hauptsache weinbeeren, wir sind da tatsächlich extreeeem flexibel.

jodel-jauchzer

stubbornita

Anonymous said...

Ach Weinbeeren, liebes Fräulein, sollen das sein, an was Sie Mangel leiden? Na, da hat Herr Schoß doch in die richtige Lade gegriffen! Da sind wir gerne spendabel, wohl wissend, daß es immer und überall übers Gröbste hinweghilft (natürlich nur bildlich gesprochen, hrrchh, Sie sind ja gewiß keine Grobe! hrrchch), sich ohn' Maß und Ziel an trocknen und gleichermaßen liquiden Mitteln zu ergötzen.
Andererseits hätte ich selbst auf sie draufkommen können - ist ja klar, daß sie Rosinanten mag, die Dona Saveedra. Ihres photraphischen Hinweises wegen war ich schon rätselhaft, welch Obsessionen in Dreiteufelsnamen Sie sich mit aufgequollenen Schafskötteln hinzugeben verzehrten. Warme Umschläge? Aber nun ist das Gotzeidank aufgelöst.
Prost und geloben Sie Besserung!

Herzlichst
Ihr
Dottore Elaberatore Schmitz