Wednesday, December 19, 2007

gross-inquisitor (1): ad majorem dei gloriam




In seiner unermesslichen Barmherzigkeit zeigt Er sich noch einmal den Menschen in derselben Gestalt, in welcher Er vor fünfzehn Jahrhunderten drei Jahre lang unter ihnen gewandelt ist. Er lässt sich herab auf die 'brennenden Plätze' der südlichen Stadt, in der noch am Vorabend in Gegenwart des Königs, des gesamten Hofstaates, der Ritterschaft, der Kardinäle und entzückender Frauen vor der ganzen Einwohnerschaft Sevillas durch den Kardinal-Grossinquisitor nicht wniger als ein volles Hundert Ketzer auf einmal ad majorem dei gloriam verbrannt worden war.
Leise und unauffällig erscheint Er unter den Menschen, und siehe, es erkennen ihn alle.
[...]
In diesem Augenblick geht an der Kathedrale über den Platz der Kardinal vobei, der Grossinquisitor, ein Greis von bald neunzig Jahren, hoch und aufrecht, mit vertrocknetem Gesicht und tiefliegenden Augen, in welchen noch verborgen das Feuer glüht. Heute ist er nicht in den Prunkgewändern, in denen er sich gestern dem Volk gezeigt hatte, da er die Feinde des römischen Glaubens verbrannte - nein, heute trägt er die alte grobe Mönchskutte. Ihm folgen in gemessener Entfernung seinen düsteren Gehilfen und Knechte, die 'heiligen' Wächter. Er bleibt vor der Menge stehen und sieht zu, was geschieht. Er hat alles geselhen; er hat gesehen, wie sie den Sarg vor Ihn hingestllt haben, er hat gesehen, wie sich das Mädchen im Sarge erhoben hat, und über sein Gesicht legt sich ein dunkler Schatten. Er zieht seine dichten, grauen Brauen zusammen, und sein Blick vekründet Unheil. Indem er auf Ihn mit dem Finger weist, heisst er die Wächter Ihn ergreifen. Und so gross ist seine Gewalt, und so gehorsam und ergeben ist ihm das Volk, dass die Menge den Wächtern Plaatz macht und diese unter aller tiefem plötzlichen Schweigen Hand an Ihn legen und Ihn fortführen. Die Volksmenge ist wie ein Mann, und die Köpfe neigen sich vor dem greisen Inquisitor zu Boden; er segnet schweigend die Menschen und setzt seinen Weg fort.
Die Wache hat inzwischen den Gefangenen in ein enges, dunkles, gewölbtes Verlies im alten Gebäude des heiligen Tribunals geführt und hinter Ihm die Tür geschlossen. Der Tag vergeht, die Nacht bricht herein, die dunkle, glühende, atemlose Nacht Sevillas. Die Luft ist voll vom Duft des Lorbeers und der Zitronenblüte. Um Mitternacht öffnet sich das eiserne Tor des Gefängnisses, und der Grossinquisitor tritt leisen Schrittes herein, in der Hand hält er ein Licht. Er ist allein, hinter ihm schliesst sich das Tor.
Er bleibt am Eingang stehen und sieht Ihm lange, ein bis zwei Minuten lang, ins Gesicht. Dann tritt er näher heran, stellt den Leuchter auf den Tisch und spricht zu Ihm: 'Bist du es?' Da er keine Antwort erhält, fügt er schnell hinzu: 'Antworte nicht, schweige! Was kannst du auch sagen? Ich weiss sehr gut, was Du sagen willst; doch Du hast kein Recht, auch nur einWort zu dem hinzuzufügen, was einst von Dir selber gesagt worden ist. Warum bist Du gekommen, uns zu stören?'

Dostojewski, Die Brüder Karamasow

1 comment:

Anonymous said...

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